Zitat von Thomas Bührke
Arcetri ist ein kleiner Ort am südlichen Stadtrand von Florenz. Hier soll die Villa Galileo liegen, in der der große Wissenschaftler seine letzten Jahre in der Verbannung zubrachte und schließlich starb. Indes, man wird sie nicht leicht finden. Kein Schild weist den Weg, kein Reiseführer erwähnt die Stätte. Wir gelangen bei unserer Suche zunächst versehentlich auf das Gelände der Universität. Eine Reihe physikalischer Institute wie das astrophysikalische Observatorium befinden sich hier im hügeligen Gelände im Schatten hoher, alter Bäume. Wir schlendern ungehindert umher, können aber das ehrwürdige Haus nicht finden. Hin und wieder fragen wir jemanden nach der Villa, einen Angestellten oder Studenten, aber entweder erweist sich der Hinweis als falsch, oder wir ernten nur ein ratloses Achselzucken. Wir sind schon froh, daß uns niemand fragt, wer das denn sei, der Herr Galileo. Endlich, nach vielen vergeblichen Versuchen, zeigt uns jemand den richtigen Weg und deutet auf ein weißes Gebäude: Es liegt nur wenige hundert Meter entfernt auf einem Hügel. "Il Gioiello" heißt die Villa, das Juwel. Gleichwohl, das Kleinod befindet sich in einem jämmerlichen Zustand und ist innen nicht zu besichtigen. Lediglich eine Büste in der Außenmauer verrät uns, daß wir endlich am Ziel sind.
Ein solcher Umgang mit der Wissenschaftsgeschichte ist vielleicht nicht unbedingt exemplarisch, aber das Ignorieren der historischen Wurzeln ist weit verbreitet. Einen beträchtlichen Anteil hieran hat unsere Schulbildung, die die Gesetze der Physik darstellt als wären sie am siebenten Tag der Schöpfung allesamt vom Himmel direkt in unsere Schulbücher gefallen.